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Erneuerbares Österreich: so funktioniert unser Stromsystem

Ein “Land am Strome” – das ist Österreich auch im Sinne der Stromerzeugung. Mehr als 60 Prozent des in Österreich produzierten Stroms kommen aus Wasserkraftwerken. Rund hundert große und tausende kleine Wasserkraftwerke sorgen für eine stabile Grundversorgung. Von allen erneuerbaren Energiequellen unterliegt die Wasserkraft den wenigsten Schwankungen und ist weitgehend unabhängig von Wetter oder Jahreszeit. Gemeinsam mit Windkraft, Biomasse und Solarstrom werden in Österreich rund drei Viertel des Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugt – das letzte Kohlekraftwerk ist in Österreich seit 2020 Geschichte.
 

Flexibler Erzeugungsmix aus erneuerbaren Energiequellen

Auf Österreichs Stromversorgung ist Verlass. Dafür sorgt ein Mix aus verschiedenen Energieträgern, der gewährleistet, dass Erzeugungskapazitäten jederzeit optimal eingesetzt werden können.

Die Wasserkraft zählt in Österreich zu den am meist genutzten Möglichkeiten, um Strom zu erzeugen. Sogenannte Laufkraftwerke generieren rund um die Uhr Strom, während Speicherkraftwerke Energie speichern und den Strom dann bereitstellen können, wenn er benötigt wird. Gibt es etwa aufgrund einer Flaute nur wenig Windstrom, kann die gespeicherte Energie sehr schnell in Elektrizität umgewandelt werden. Ist ein Stromüberschuss vorhanden, kann die Energie dazu genutzt werden, die Speicherseen erneut zu füllen. Das macht Speicherkraftwerke zu idealen Partnern für Windkraftanlagen.

Wasserkraftwerk Dorfmühle, Spaziergang am Ufer
© Philipp Schönauer
Windkraft
© Regina Hügli

Strom aus Windkraft macht in Österreich derzeit rund zehn Prozent der Gesamtstromerzeugung aus. Photovoltaik (PV) spielt mit einem Anteil von rund einem Prozent im österreichischen Energiemix bislang eine kleine Rolle bei der Stromerzeugung. Das wird sich in den kommenden Jahren aber rasch ändern, da diese Energiequelle über ein enormes Ausbaupotenzial verfügt, das in Zukunft stärker genutzt werden soll.

Thermische Anlagen und Speicherkraftwerke stabilisieren Stromnetz

Um das österreichische Stromnetz auch bei längerfristigen Schwankungen und bei ungünstigen Wetterbedingungen zuverlässig im Gleichgewicht zu halten, gibt es in Österreich flexible, hocheffiziente thermische Kraftwerke. Für den Dauerbetrieb sind diese Anlagen mittlerweile zu teuer – da sie im Anlassfall aber schnell gestartet werden können, bilden diese, zusammen mit den hochflexiblen Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken, ein wesentliches Element bei der Sicherung unserer Stromversorgung.

In Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung wird thermische Energie besonders effizient genutzt: Neben der Stromerzeugung wird hier Wärme erzeugt und den Kundinnen und Kunden als Fernwärme zur Verfügung gestellt. Moderne Anlagen erreichen einen Wirkungsgrad von fast 90 Prozent. Darüber hinaus wurde, dank modernster Technologien und Investitionen, der CO2-Ausstoß dieser Kraftwerke in Österreich stetig reduziert. Eine verbrauchernahe regionale Erzeugung trägt zudem zur Versorgungssicherheit und zur regionalen Wertschöpfung bei.

Österreich ist über das europäische Stromsystem mit den angrenzenden Ländern verbunden. Abhängig von der jeweiligen Marktsituation wird Strom entweder importiert oder exportiert. In den vergangenen Jahren war Österreich Nettoimporteur – das bedeutet es wurde über das Jahr betrachtet mehr Strom importiert als exportiert. EU-weit liegt der Anteil erneuerbarer Energiequellen bei 32,3 Prozent.
 

100 Prozent Strom aus Erneuerbaren als Ziel

Bis 2030 hat sich Österreich das Ziel gesetzt den Strombedarf auf das Jahr betrachtet zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Um das zu erreichen, braucht es künftig insgesamt zusätzliche 27 TWh (Terawattstunden) Strom aus erneuerbaren Quellen. Am stärksten soll mit 11 TWh die Solarenergie ausgebaut werden, gefolgt von Wind mit 10 TWh, Wasserkraft mit 5 TWh und Biomasse mit einer zusätzlichen Terawattstunde.

Dieser Umbau stellt nicht nur die Stromerzeuger vor eine große Herausforderung - auch die Netze geraten unter Druck. Da elektrische Energie nicht einfach in großen Mengen gespeichert werden kann, muss in jedem Moment immer genau die Menge Strom erzeugt werden, die auch gerade verbraucht wird. Durch die schwankende Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wird es künftig aber immer öfter Zeiten geben, in denen es deutlich zu wenig oder zu viel Strom gibt. Die Netzinfrastruktur ermöglicht es diese Schwankungen auszugleichen indem sie den Strom dorthin transportiert wo er verbraucht oder gespeichert werden kann.

 

Wie der Strom zu den Kundinnen und Kunden kommt

Strommast
© Christian Fischer

Mehr als 200.000 Kilometer an Frei- und Erdleitungen sorgen in Österreich dafür, dass der Strom von den Kraftwerken dorthin kommt, wo er gebraucht wird. Verteilt wird der Strom in Österreich auf mehreren Ebenen. Je mehr Strom weite Strecken zurücklegen soll, desto höher ist auch die Spannungsebene. Auf der höchsten Ebene speisen also große Kraftwerke Strom ein, eine Ebene darunter kommt die Industrie ins Spiel und erst dann folgen städtische Erzeuger und Großabnehmer und auf der untersten Ebene private Haushalte und Kleinanlagen wie Photovoltaik am Hausdach.

Lange Zeit wurde man in Österreich mit Strom vom örtlichen Elektrizitätsversorger beliefert – eine freie Lieferantenwahl, wie man es heute gewohnt ist, gab es nicht. Das änderte sich ab 1998, als der Strommarkt in Österreich auf Basis einer EU-Richtlinie stufenweise liberalisiert wurde. Ab 2001 konnten dann alle Stromkundinnen und Stromkunden in Österreich ihren Anbieter frei wählen. Seither steigt die Zahl jener Kundinnen und Kunden, die ihren Lieferanten wechseln, kontinuierlich. 2005 waren es noch 42.639 Haushalte und Unternehmen, die ihren Anbieter wechselten, 2019 bereits 263.957.

Seit der Liberalisierung setzt sich der Strompreis aus dem regulierten Netztarif für die Benutzung des Netzes, dem Energiepreis, der dem Markt unterliegt, sowie gesetzlich festgelegten Steuern und Abgaben zusammen. Die drei Komponenten tragen jeweils ungefähr ein Drittel zum Gesamtpreis bei.
 

Genauer Herkunftsnachweis

Damit sich Kundinnen und Kunden darüber informieren können, woher ihr Strom kommt, muss genau aufgeschlüsselt werden aus welchen Energiequellen der gekaufte Strom stammt. Seit 2015 ist in Österreich Strom “unbekannter Herkunft” – auch Graustrom genannt – in der Kennzeichnung verboten. Österreich war damit nicht nur bei der Liberalisierung schnell in der Umsetzung, sondern ist auch bei der Kennzeichnung fortschrittlicher als die meisten Länder.

Mit dem massiven Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung in den nächsten Jahren steht Österreichs E-Wirtschaft nun vor der nächsten großen Herausforderung: Das System wird dezentraler; zahlreiche kleine Anlagen, etwa Photovoltaik am Dach, werden ans Netz angeschlossen. Wenn in diesem System immer mehr Anlagen beteiligt sind, wird es auch schwieriger, die Erzeugung vorherzusehen und mit dem Verbrauch im Gleichgewicht zu halten. Deshalb wird nun am Stromnetz der Zukunft, am “Smart Grid” gearbeitet. Die Idee ist, Erzeuger und Verbraucher durch IT-Komponenten so zu vernetzen, dass praktisch in Echtzeit auf die jeweilige Netzsituation reagiert werden kann.